Die beste Gesundheitsversorgung nützt nichts, wenn sie nicht erreichbar ist. Für die Dorfbewohner:innen in der Ouaddaï-Region im Tschad war deshalb klar: Eine Lösung muss her. Der Weg zu ihr war aufwändig, doch gerade deshalb besonders nachhaltig.    

Die Distanzen zwischen den Dörfern und den Gesundheitszentren in der Ouaddaï-Region sind meist weit und beschwerlich. Es gibt keine befestigten Strassen oder öffentliche Busse und lediglich eine einzige Ambulanz im Gesundheitsdistrikt Abougoudam, in dem Women’s Hope tätig ist. Zeitweise erschwert die Regensaison den Weg nochmals ums Vielfache.

"Es besteht deshalb das Risiko, dass Frauen ihr ungeborenes Kind auf dem Weg ins Gesundheitszentrum verlieren oder selbst sterben", sagt der Tschader Programmkoordinator von Women's Hope International, Juste Bationon.

Schaffen die Frauen es aus eigenen Kräften bis zur nächsten medizinischen Einrichtung, werden die fehlenden Transportmöglichkeiten spätestens hier zum Problem: Wenn die Frauen komplexere medizinische Unterstützung benötigen, bleibt oft nur die Suche nach überteuerten Privat- oder Handelsautos, um die Frauen ins Regionalspital in Abéché zu bringen.


Gemeinschaften definieren Lösung

Gemeinsam mit den lokalen Gemeinschaften begab sich unser Partner vor Ort, das Bureau d’Appui de Santé et Environnement (BASE), deshalb auf Lösungssuche. Das Ziel: eine Transportmöglichkeit zu finden, die auf möglichst jedem Untergrund rasch und effizient Hilfe bringt. Die Idee einer Ambulanz auf drei Rädern war geboren. Ihr Vorteil: Eine Moto-Ambulanz ist leicht und kann deshalb mithilfe von Holzbrettern auch in der Regensaison Flüsse überqueren. Um die Lösung möglichst in der Bevölkerung zu verankern, haben wir diese aktiv in die Umsetzung miteinbezogen. Vertreter:innen der verschiedenen Gesundheitszentren setzten jeweils zusammen mit den Gemeinschaften Gebrauchsregeln für ihr Einzugsgebiet fest. «Die Regeln legten legitime Gebrauchsgründe, die Entlöhnung der Chauffeure und die Beiträge fest, die die Dörfer wie auch Privatpersonen zu bezahlen haben», sagt Juste Bationon. Dank der engen Zusammenarbeit identifizieren die Gemeinschaften sich mit dem neuen Gefährt. Sie erledigen kleinere Reparaturen selbst und tragen Sorge zu den «Barbaras», wie sie die Moto-Ambulanzen nennen.

Ambulanz auf drei Rädern

Moto-Ambulanzen können dank ihrem geringen Gewicht mithilfe von Holzbrettern Flüsse überqueren. So ermöglichen sie Schwangeren auch in der Regensaison den Zugang zur Gesundheitsversorgung.

Mehrwert für die gesamte Bevölkerung

Heute sind die Moto-Ambulanzen – mittlerweile sind elf Stück im Gesundheitsdistrikt unterwegs – für die Gemeinschaften nicht mehr wegzudenken. Neben dem Transport von schwangeren Frauen dienen sie etwa dem Gesundheitspersonal dazu, in entlegene Dörfer zu fahren. «So können wir Frauen über die Wichtigkeit von Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft informieren oder der Bevölkerung ermöglichen, sich impfen zu lassen», sagt Juste Bationon. Wenn für eine Person aus gesundheitlichen Gründen ein Transport nicht mehr möglich ist, bringen die Barbaras ausnahmsweise medizinische Hilfe direkt ans Krankenbett. Im Jahr 2022 waren die Moto-Ambulanzen 470-mal im Einsatz. Sie ermöglichten 94 Frauen eine durch eine Hebamme begleitete Geburt in einem Gesundheitszentrum. Zudem transportierten sie 21 Notfall­­patient:innen ins Universitätsspital nach Abéché. Der lokale Programmkoordinator zieht eine durchwegs positive Bilanz: «Die Moto-Ambulanzen haben bereits unzähligen Frauen das Leben gerettet.» Zudem, so Juste Bationon, hätten Women’s Hope und BASE hier wirklich eine Lösung entwickelt, die auf der Ebene der Gemeinschaften verwurzelt sei. Bereits haben zwei Gemeinschaften nach je einer weiteren Barbara gefragt.


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Titelbild: Motoambulanz (Barbara) in Awguine; Fotograf: Juste Bationon

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