In der kritischen Reflexion der internationalen Zusammenarbeit tauchen häufig zwei Begriffe auf. Sie werden im Folgenden erläutert.
LOKALISIERUNG
Unter diesem Begriff wird das Bestreben verstanden, die Verantwortung, die Ressourcen und Entscheidungsbefugnisse für Entwicklungsinitiativen und humanitäre Hilfe verstärkt auf lokale Gemeinschaften und Organisationen zu übertragen. Ziel ist ein lokaler Wissenszuwachs und eine stärkere Selbstbestimmung der Gemeinschaften.
Kritische Stimmen – insbesondere aus dem sogenannten Globalen Süden – weisen allerdings auf die Missbrauchsgefahr des Begriffs hin. Diese besteht etwa, wenn internationale Organisationen unter dem Deckmantel einer lokalen Verwaltung ihre eigenen Ziele verfolgen.
Zudem bemängeln sie, dass internationale Akteurinnen und Akteure mit einem defizitorientierten Blick auf den Globalen Süden schauen und davon ausgehen, dass die Institutionen vor Ort zuerst von aussen her entwickelt werden müssen.
DEKOLONIALISIERUNG
Das Konzept der Dekolonialisierung nimmt die linksgenannte Kritik auf. Es bezeichnet einen Prozess, der zumZiel hat, koloniale Strukturen ernsthaft zu überwinden und Denkweisen und Praktiken in den Beziehungen zwischen Ländern und zwischen Partnerorganisationen zu hinterfragen.
Dieser Ansatz erfordert ein Umdenken in Bezug auf Machtstrukturen, einen offenen Dialog über strukturellen Rassismus und koloniale Erblasten sowie die Bereitschaft, allfällige eigene Privilegien und Vorurteilekritisch zu reflektieren. Organisationsinterne Strukturen müssen allenfalls überarbeitet, Formen der Zusammenarbeit verändert und Rollenverständnisse neu definiert werden.
Ziel sollte nicht nur eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit allen Beteiligten sein, sondern vielmehr die Entwicklung einer gemeinsamen Praxis, die zum Ziel hat, insgesamt weniger Macht auszuüben respektive die Macht an den Globalen Süden zurückzugeben.