Appell für ein zeitgemässes Sexualstrafrecht lanciert
Ein Jahr nach dem historischen Frauenstreik vom 14. Juni 2019 haben über 50 Organisationen und 130 Persönlichkeiten aus Justiz, Politik und Kultur den nationalen Appell für ein «zeitgemässes Sexualstrafrecht» lanciert. Dazu zählt auch Women's Hope International. Der Appel ruft zu einer raschen und umfassenden Gesetzesreform in der Schweiz auf, die einen besseren Schutz vor sexueller Gewalt garantieren soll.
Sexuelle Selbstbestimmung ist ein grundlegendes Menschenrecht: Sex braucht die Zustimmung von allen Beteiligten. Das Gesetz muss endlich die sexuelle Selbstbestimmung besser schützen!
Mit dem Appell wollen wir ein Zeichen setzen für die politische Debatte zur Reform des Sexualstrafrechts in der Schweiz. Wir fordern die Revision des Schweizerischen Strafgesetzbuches, damit alle sexuellen Handlungen ohne Einwilligung angemessen bestraft werden können. Die Straftatbestände Art. 189 (sexuelle Nötigung) und Art. 190 (Vergewaltigung) sollen entsprechend ergänzt werden. Die Subsumierung aller sexuellen Handlungen ohne Einwilligung unter Art. 198 (sexuelle Belästigung) ist unangemessen.
Massive Übergriffe bleiben unbestraft
Opferanwält*innen und Opferhilfestellen betonen immer wieder die Schwierigkeiten, denen Betroffene heute beim Zugang zur Justiz ausgesetzt sind. Oftmals müssen sie den Betroffenen erklären, dass eine Anzeige aussichtslos ist, weil nicht ausreichend psychischer Druck, Gewalt oder Bedrohung angewandt wurde und der Fall deshalb nicht in die aktuelle strafrechtliche Definition von Vergewaltigung oder sexueller Nötigung passt.
«Das geltende Recht wird der grossen Mehrheit der Übergriffe nicht gerecht. Die meisten Täter müssen keine Gewalt anwenden, da sie die Überforderung des Opfers und das Vertrauensverhältnis ausnutzen», sagte Alexandra Karle, Geschäftsleiterin der Schweizer Sektion von Amnesty International. «Massive Eingriffe in die sexuelle Selbstbestimmung bleiben in der Schweiz regelmässig straflos».
Das Justizdepartement prüft derzeit im Auftrag der Rechtskommission des Ständerats, wie das Schweizer Strafrecht sexuelle Handlungen gegen den Willen einer Person behandeln soll, wenn weder Gewalt noch Drohung vorlag. Die Verwaltung wurde beauftragt bis Sommer 2020 einen entsprechend überarbeiteten Gesetzestext vorzulegen.
Mehr Information zum Appell finden Sie hier: www.stopp-sexuelle-gewalt.ch