Am 18. November 2019 veranstaltet WHI einen Filmabend in Luzern mit anschliessender Diskussion mit der Filmproduzentin Carine Weiss und Manuela Bracale, der Präsidentin von Women's Hope International. Gezeigt wird "Myanmar Midwife", produziert von Carine Weiss. Weitere Vorführungen (ohne die Filmproduzentin): 12. November in Winterthur und 19. November in Baden

In einem kurzen Interview hat uns Carine Weiss einige spannende Einblicke in die Entstehung des Films gewährt.

WHI: Carine, 2013 erschien der Film "Myanmar Midwife", den du produziert hast. Woher kam dir die Idee für diesen Film?
Carine: Ich habe zwischen 2011 und 2013 Gesundheitsprojekte für eine internationale NGO in Myanmar an der Grenze zu Bangladesch koordiniert. Dabei hatte ich ein Team von sechs Hebammen, die mir in einer kritischen Situation erzählten, dass sie noch nie eine Geburt durchgeführt hätten, aber dennoch waren sie staatlich anerkannte Hebammen. Dann sagten sie mir, dass die Hebamme im benachbarten Gesundheitszentrum die Tür vor allem nachts nicht öffne, weil sie sich nicht kompetent genug fühle, um die Patienten zu behandeln. Ich war total perplex. Hebammen, die noch nie eine Geburt durchgeführt hatten, sind in Myanmar lizenziert, um eines Tages als staatliche Hebamme eigenständig ein Gesundheitszentrum zu führen!
Zum gleichen Zeitpunkt lernte ich die Yangon Film Schule kennen und war so begeistert von ihrer Art, Dokumentarfilme zu drehen, dass ich mich sofort dazu entschloss, mit ihnen einen Film zu produzieren. Für mich war klar, dass ich die Situation von Hebammen in Myanmar portraitieren wollte.

Was waren die grössten Herausforderungen in der Planung des Films bzw. während dem Dreh?
Von der Idee bis zum Moment, als ich die DVD in der Hand hielt, vergingen über zwei Jahre und es gab viele Herausforderungen und Konflikte im Verlauf dieser Zeit. Doch die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und dem Team zahlte sich aus: Der Film ist ein Augenöffner für die Realität von Hebammen nicht nur in Myanmar.
Eine der Herausforderung war, dass ich mit einem lokalen Filmteam zusammenarbeitete und ich selber im Filmgebiet von der Behörde nicht zugelassen war. Das Filmteam lebte in Yangon und brauchte ca. 3 bis 4 Stunden um im Filmgebiet, das lediglich 50 km weiter entfernt war, anzukommen. Wir wollten unbedingt bei einer Geburt anwesend sein und wir waren auf den Anruf einer werdenden Mutter aus dem Dorf angewiesen. Lasst Euch überraschen, ob dies geklappt hat! Gleichzeitig war es auch ein grosses Glück, dass ich mit einem burmesischen Filmteam arbeiten konnte und meine Mitarbeiter die Kultur und die Sprache kannten. Das Gesundheitssystem wurde vom Militärregime stark vernachlässigt und die Angst der Menschen vor dem Militär und den Behörden bekam ich immer wieder zu spüren.

Wie waren die Reaktionen auf den Film?
Der Film Myanmar Midwife war ursprünglich für meine Masterarbeit in internationaler Gesundheit, eine Ausbildung, die ich am Schweizerischen Tropen- und Public Health Institut in Basel absolviert hatte, gedacht. Ich hätte NIE für möglich gehalten, dass dieser Film so viel Aufmerksamkeit und Lob bekommen und so viele Menschen erreichen würde. Seit 2014 wurde der Film in vier verschieden Schweizer Städten (Basel, Zürich, Bern und Genf) und auch in Deutschland (Heidelberg, Berlin) und England (in Oxford und in London) gezeigt. Es ist ein berührender Film, der zum Nachdenken animiert. Mein Ziel war es immer, dass dieser Film eines Tages die Situation von Hebammen in Myanmar nachhaltig verbessern wird.

Was ist dir von der Produktion des Films besonders geblieben?
Ich bin überzeugt, dass Bilder und Emotionen mehr bewirken, als ein geschriebener Text, der dieselbe Situation beschreibt. Dieser Film war für mich ein Herzensprojekt und mir lag viel daran, dass er die Situation für Hebammen vor Ort nachhaltig verbessern soll. Leider ist der Film in Myanmar bis heute nicht zugelassen. Ich hoffe sehr, dass er auch dort eines Tages öffentlich gezeigt werden darf.


Der Film Myanmar Midwife wird im November 2019 in drei verschiedenen Städten im Rahmen von WHI gezeigt. Weitere Informationen zur Veranstaltungen finden Sie hier.

Carine Weiss ist in Zug aufgewachsen und absolvierte in Fribourg ihr Studium in klinischer Psychologie. Anschliessend gelang sie über die Public Health Ausbildung in internationaler Gesundheit in die Entwicklungszusammenarbeit und arbeitete und lebte zwischen 2010 und 2013 in Kambodscha, Haiti und Myanmar, wo sie Gesundheitsprojekte vor allem im Bereich "Mutter-Kind-Gesundheit" koordinierte. Heute lebt Carine Weiss in der Schweiz und ist als Projektleiterin beim Gesundheits-Netzwerk "Medicus Mundi Schweiz" tätig. Auf selbstständiger Basis bietet sie ausserdem Life Coachings für Frauen an.

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