Drei praktizierende Hebammen aus unserem Projekt in der Somali-Region Äthiopiens erzählen aus ihrem harten und manchmal verrückten Berufsalltag.

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„Wir müssen hart arbeiten, um das Vertrauen zu gewinnen,“ sagt Sainab. Das Vertrauen der schwangeren Mütter ist essentiell für eine erfolgreiche Arbeit der Hebammen nicht nur in Äthiopien. Doch in der ländlichen Somali-Zone ist das Misstrauen und Unverständnis gegenüber den Hebammen besonders gross. Fathi bezeichnet das fehlende Verständnis der Gemeinschaft als die grösste Herausforderung.

„Viele vergleichen beispielsweise die Schwangerschaft mit früheren Geburten,“ sagt Safia. Dadurch wird es schwierig, die Patientinnen zu überzeugen von der Notwendigkeit von Bluttransfusionen oder Kaiserschnitten.

"Ich gebe mein Bestes, um zu meinen Patientinnen eine Verbindung herzustellen und dafür zu sorgen, dass sie sich wohl fühlen.“ Safia Abdulahi Ali

Bis zu zehn Babys pro Woche werden mit ihrer Hilfe entbunden. Sie ist überzeugt, dass gute Arbeit belohnt wird: „Die Mundpropaganda verbreitet sich in unserer Gemeinschaft sehr schnell.“ Immer wieder erlebt sie, dass Frauen ins Zentrum kommen, die bereits Gutes gehört haben und nicht erst überzeugt werden müssen.  „Das ist ein gutes Gefühl.“ 

Doch es gibt auch Situationen, in denen ihr wieder bewusst wird, wie viel es noch zu tun gibt. Beispielsweise als ein Mann den lebensnotwendigen Kaiserschnitt an seiner Frau verhindern wollte. „Seine erste Antwort lautete: Wollen Sie sagen, meine Frau ist ein fettes Schaf?“, erzählt Safia. „Diese „Schlachtung“, wie er es ausgedrückt hatte, brachte er nur in Verbindung mit Tieren.“ Erst Stunden später konnte dieser Mann überzeugt werden von der Notwendigkeit dieses Eingriffs. Glücklicherweise gab es in diesem Fall noch ein Happy End.

Ein unerwartetes Happy End trat auch in einer Anekdote von Fathi auf: Sie erinnert sich an eine Frau, die zuhause entbunden hatte und danach stark zu bluten begann. Ihr Mann holte daraufhin wahllos Medikamente aus dem unbetreuten Gesundheitsposten des Dorfes und verabreichte ihr diese. Die Frau fiel für einen Tag ins Koma. Ihr Mann schlachtete daraufhin eine Ziege und verabreichte ihr das Blut. Wie durch ein Wunder wurde die Frau wieder gesund. „Aber wenn ich daran denke, was schiefgelaufen ist und was noch hätte schieflaufen können, dann möchte ich mich als Hebamme dafür einsetzen, dass dieses Leid weiteren Müttern und ihren Babys erspart werden kann,“ sagt Fathi.

Die Somali Region gilt als medizinisch stark vernachlässigt.

"Etwas Neues und Anderes"

Ausserdem tun wir auch etwas Neues und Anderes als die traditionellen Geburtshelferinnen. Es braucht einfach Zeit, Mühe und viel Aufklärung, damit die Gemeinschaft dem Gesundheitssystem vertraut.“ Sainab Abdulahi Ibrahim

Die traditionellen Geburtshelferinnen sind sehr beliebt in der Gemeinschaft – seit Generationen werden die meisten Babys mit ihrer Hilfe entbunden. Doch eine entsprechende Ausbildung haben diese Frauen nicht - deshalb fehlt ihnen wichtiges medizinisches Wissen, um beispielsweise die Lage des Kindes zu ermitteln. Die drei Hebammen sind sich einig: Bei Komplikationen reagieren traditionelle Geburtshelferinnen oft falsch oder zu spät, was das Leben von Mutter und Kind gefährdet. Fathi würde sich deshalb eine bessere Zusammenarbeit wünschen.

Ich glaube, wir sollten die traditionellen Geburtshelferinnen nutzen, da sie über Erfahrung und das Vertrauen der Gemeinschaft verfügen." Fathi Aden

Durch mehr Kooperation könnte der Gemeinschaft den bestmöglichen Dienst geboten werden – das wünschen sich alle.

Covid erschwert die Bedingungen weiter

Durch die anhaltende Coronapandemie wird der Alltag der Hebammen weiter erschwert. Viele Menschen glauben nicht, dass das Virus real ist. Präventionsmassnahmen werden deshalb nur wenig eingehalten. Die schwangeren Frauen dürfen bei der Geburt nur von einer Person begleitet werden. Eine Umstellung in einer Kultur, wo normalerweise Freunde und Familie bei der Geburt dabei sind.  
 
Fathi, Safia und Sainab haben sich der Verbesserung der Müttergesundheit in der Somali-Zone verschrieben und kämpfen tagtäglich für sichere Geburten: Mit Vertrauen, Einfühlsamkeit, Geduld und einer kompetenten medizinischen Ausbildung. Unterstützen Sie jetzt diesen Einsatz der Hebammen von Women’s Hope:

Die Interviews wurden von der äthiopischen Landeskoordinatorin Mabruka Abdisamad geführt.

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Fathi Aden stammt aus Werder. Schon ihr Leben lang wollte sie mit Babys und Müttern arbeiten. Diesen Wunsch konnte sie sich erfüllen: Vor zwei Jahren hat sie ihre Ausbildung zur Hebamme erfolgreich abgeschlossen und arbeitet seither im Daratole Gesundheitszentrum.

 

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Safia Abdulahi Ali ist in Werder, in Keble 2, geboren und aufgewachsen. Seit drei Jahren arbeitet sie als Hebamme. Damit hofft sie, einen Beitrag für werdende Mütter und Babys zu leisten.

 

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Sainab Abdulahi Ibrahim ist aus Danot. Sie arbeitet seit einem Jahr als Hebamme. Ihr Ziel war es ursprünglich, im Labor zu arbeiten, doch sie sah eine grössere Notwendigkeit im Bereich der Müttergesundheit.