Hintergrundbericht: Geburtsfisteln
2020 wurde der Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen über die Vorhaben zur Abschaffung der Geburtsfisteln innerhalb des nächsten Jahrzehntes veröffentlicht. Es wird der Zusammenhang von Geburtsfisteln und sozioökonomischen, gesundheitlichen, kulturellen und menschenrechtlichen Faktoren aufgezeigt.
Der Bericht zeigt die verheerenden Konsequenzen der Geburtsfisteln wie zum Beispiel der Inkontinenz bei Mädchen und Frauen auf. Ebenso können Fisteln zur Stigmatisierung und Isolierung von der Gesellschaft führen. Häufig resultieren sie aus einem geschlechterspezifischen Ungleichgewicht, Missachtung der Menschenrechte, einem schlechten Zugang zu Verhütungsmittel und einer unzureichenden Gesundheitsversorgung für Mütter und Säuglinge. Der Bericht verweist auf die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie und wie sich diese auf die Ziele der nachhaltigen Entwicklung bis 2030 auswirken können. Als Kernfaktoren für die Bekämpfung der Geburtsfisteln wird ein Dreischritt aufgezeigt.
Der Dreischritt beinhaltet folgende Komponenten:
Geburtsversorgung, Notversorgung, Neugeborenen Versorgung
Geschultes Gesundheitspersonal, mehr Ausbildungsplätze für Hebammen
Zugang zu modernen Verhütungsmitteln
Diese Kerngedanken untermauern den gesamten Ansatz von Women`s Hope International.
Hintergrund
Die Veröffentlichung des Berichtes der Vereinten Nationen hängt mit dem Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung, der Agenda 2030, zusammen. Zielführend für diese ist vor allem ein gleichberechtigter, zeitnaher und qualitativ hochwertiger Zugang zu Gesundheitsdiensten für Mütter und Neugeborene. In 55 Ländern leben etwa 500'000 Frauen mit Fisteln und es werden stetig mehr. Verlässliche Zahlen zum Vorkommen von Fisteln zu erhalten, ist allerdings schwierig. Die Daten werden in Gesundheitseinrichtungen erhoben und decken nur die bereits identifizierten Fälle ab (hohe Dunkelziffer). Die WHO geht von jährlich 50'000 - 100'000 neuen Fällen aus und einer Gesamtzahl von etwa 2 Millionen.
Die Ursache für die Entwicklung von Geburtsfisteln stellt eine Missachtung der Menschenrechte und Ungerechtigkeit dar. Eine ausreichende und würdevolle Gesundheitsvorsorge sollte jedem Menschen zustehen.
Schlüsselelemente
Der Bericht zeigt, welche Bemühungen angestrebt werden müssen, um bis 2030 die erwünschten Ergebnisse zu erzielen. Die Verminderung der Geburtsfisteln ist ein integraler Bestandteil der Ziele für nachhaltige Entwicklung für 2030. Die Generalversammlung fordert die Regierungen der Länder mit einer hohen Rate an Geburtsfisteln auf, diese als meldepflichtige Erkrankung einzustufen. So sollen das Nachverfolgen, die Berichterstattung und die Nachkontrolle verbessert werden. Der Bericht ist für Women`s Hope International besonders wertvoll, da er zu neuen Anknüpfpunkten führen kann und die Dringlichkeit der Projekte in den Partnerländern unterstreicht. Laut dem Bericht der Vereinten Nationen sind die Ursachen für die Morbidität von Mädchen und Frauen, sowie die Müttersterblichkeit vermeidbar. Gründe hierfür sind vor allem eine schlechte Betreuung und ein nicht vorhandener Zugang zu Gesundheitsdiensten der sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Dieser Faktor ist nach dem Bericht zu einem Grossteil für die hohe Morbidität der 15-45-jährigen Mädchen und Frauen verantwortlich.
Um diesen Ursachen entgegenzuwirken, müssen Geburtshäuser in der Nähe der Frauen erbaut werden, damit diese bei Beschwerden, Wehen oder auch nach der Geburt, gesundheitliche Hilfe bekommen. Die Ausbildung von Hebammen als Schlüsselfiguren stellt einen weiteren unabdingbaren Faktor für die Bekämpfung der Geburtsfisteln dar. Weitere Vorsorgemassnahmen sind das Empowerment von Mädchen und Frauen und ein verbesserter Zugang zu Bildung. Jungen und Männer, sowie Gemeindeälteste sollen in diesem Kontext mit eingebunden werden. Das Aufgeben traditioneller Praktiken und das Hinauszögern des Alters für die erste Schwangerschaft kann ebenfalls das Entstehen einer Fistel verringern.

Geburtshäuser wie dieses in Katafa, Tschad, können dazu beitragen, dass Fisteln im Jahr 2030 verringert sind.

Wie Women`s Hope International gemeinsam mit den Partnerorganisationen die Forderungen des Berichts der Vereinten Nationen umsetzt
Women`s Hope International versucht im Partnerland Bangladesch gemeinsam mit der Partnerorganisation LAMB mit dem Projekt «End Fistula: Frauen mit Fisteln finden, heilen und gesellschaftlich reintegrieren» mithilfe von Sensibilisierungskampagnen in 30 Teildistrikten innerhalb von drei Jahren die Bevölkerung, sowie Gesundheitseinrichtungen über Möglichkeiten der Behandlung von Fisteln und dessen Ursachen zu informieren. Die Frauen können im LAMB Krankenhaus behandelt und operiert werden. Anschliessend werden sie auf ihrem Weg in die Reintegration begleitet.
Ein ähnliches Projekt verfolgt Women`s Hope International mit ihrer Partnerorganisation Hamlin Fistula in Äthiopien unter dem Namen «Fistel Überlebende bauen sich eine Zukunft auf». Das Ziel bei diesem Projekt ist vor allem die Reintegration der Frauen. Durch die Behandlung einer Geburstfistel werden sie wie auch dem Bericht der Vereinten Nationen zu entnehmen ist, stigmatisiert und isoliert von der Gesellschaft. Der Fokus wird in diesem Projekt ausserdem auf die Unabhängigkeit der Frauen gelegt. Das Ziel ist, dass sie ein eigenes Einkommen generieren können. Um das zu erreichen werden relevante Entscheidungsträger mit eingebunden, um ein förderliches Umfeld zu schaffen. Somit sind die vier Ziele des Projekts:
Frauen individuell stärken
Einbezug der Gemeinschaften
Berufsbildungsprogramme
Förderliches Umfeld aufbauen
Der Bericht verweist darauf, dass durch die Covid-19 Pandemie Eingriffe im Kontext der Geburtsfisteln als nicht dringlich eingestuft wurden und werden. Durch diese Vorgehensweise kann es zu keiner gerechten und zeitnahen Behandlung kommen. Durch die Überlastung der Krankenhäuser werden weltweit weitaus mehr Mädchen und Frauen an Geburtsfisteln erkranken. Um den Auswirkungen dieser Krise und weiteren Krisen entgegenzuwirken, bedarf es ausreichendem und qualifiziertem Gesundheitspersonal, welche den Mangel am ausreichenden Zugang zur Gesundheitsversorgung entgegenwirkt. Hinzukommend beleuchtet der Bericht die Problematik der frühen Geburten. Für die 15-19-jährigen Mädchen und Frauen in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sind Komplikationen in der Schwangerschaft oder während der Geburt die Haupttodesursache. Eines von fünf Mädchen wird weltweit vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet – Kinderheirat und die damit einhergehende eventuelle frühe Schwangerschaft erhöhen das Risiko von Gewalt, Morbidität und damit auch Fisteln.
Bangladesch zählt weltweit zu den Ländern mit der höchsten Rate an Kinderehen.[1] Aus diesem Grund verfolgt Women`s Hope International gemeinsam mit LAMB das Projekt „Ending Child Marriage – Kinderehen bekämpfen in Parbatipur, Bangladesch“. Das Ziel des Projekts ist es das Mädchen selbst entscheiden können, wen und wann sie heiraten wollen. (Die Kinder, welche bereits verheiratet wurden, haben die Möglichkeit ein selbstbestimmtes Leben zu führen.)
Durch die Einschränkungen der Covid-19 Pandemie müssen einige Entwicklungsprojekte pausieren, wodurch bis 2030 etwa 13 Millionen weitere Kinder verheiratet werden. Dieser erneute Anstieg an Kinderehen kann dazu führen, dass bis 2030 noch mehr Mädchen und Frauen Geburtsfisteln und ihren Folgen erleiden.
[1] Bangladesh - Child Marriage Around The World. Girls Not Brides
Hier der UN-Bericht (auf Englisch)
Women's Hope setzt sich dafür ein, dass Frauen und Mädchen die Chance auf ein selbstbestimmtes und gesundes Leben haben - auch während der Pandemie. Ihre Unterstützung macht unsere Arbeit möglich. Herzlichen Dank für Ihre Spende!