April 2020

Valentina Maggiulli ist seit Oktober 2019 Geschäftsleiterin bei Women’s Hope International und Projektverantwortliche für Äthiopien und Afghanistan. Im Februar war sie auf ihrer ersten Projektreise in Äthiopien und hat in einem Interview Impressionen, Ziele und Erlebnisse der Reise geteilt.

Du warst das erste Mal in Äthiopien. Was hat auf dich besonders Eindruck gemacht?
Was mir sehr stark aufgefallen ist, ist die riesige Schere zwischen Arm und Reich. Insbesondere in den beiden grossen Städten, die ich besucht habe, Jijiga und Addis Abeba, befinden sich Wolkenkratzer und relativer Luxus direkt neben den Slums. In den Medien wird Äthiopien ja gerne als eines der entwickelteren Länder Afrikas porträtiert. Diese erwähnte Fortschrittlichkeit beschränkt sich sehr stark auf die Städte, die Urbanisierung ist dort sehr deutlich spürbar. Die Leute auf dem Land hingegen sind wirklich sehr arm und leben in unglaublich einfachen Verhältnissen.

Was war das Ziel deiner Reise?
Das Ziel der Projektreise war in erster Linie, das Land, die Leute und die Projekte kennenzulernen. Persönliche Eindrücke und Erlebnisse sind in unserem Bereich extrem wichtig. Es geht dabei darum, ein Gefühl für die Projekte und die Projektregion zu bekommen und Face-to-Face Gespräche mit den Leuten über ihren Alltag vor Ort zu führen.

Es wird in der Bevölkerung sehr viel über die politische Situation im Land diskutiert. Ein gutes Beispiel dafür wäre Abiy Ahmed (Äthiopiens Premierminister), der letztes Jahr den Friedensnobelpreis erhalten hat. Es besteht eine grosse Diskrepanz darin, was die Bevölkerung in Äthiopien darüber denkt und was wir hier in den Medien lesen.
Und natürlich geht es für uns als Organisation bei einer Projektreise auch darum, Resultate der spezifischen Projekte zu sehen und ein Monitoring vorzunehmen.

Was waren die Highlights und Herausforderungen der Reise?
Die grösste Herausforderung war definitiv der ganze bürokratische Aufwand, der sich sehr umständlich und kompliziert gestaltet hat. Im Vorfeld meiner Reise wurden diverse Dokumente aufgesetzt, welche aber von den äthiopischen Ministerien nicht akzeptiert wurden. Dementsprechend mussten alle Dokumente in der Schweiz umgeschrieben, alle Unterschriften erneut eingeholt und per DHL Express nach Äthiopien gesendet werden.
Auch der Besuch in der Somali Region, wo wir ein grosses Projekt haben, war auf unterschiedlichen Ebenen herausfordernd. Die Region unterscheidet sich klimatisch und ethnisch stark vom Rest Äthiopiens und ist riesig. Um den Projektort zu erreichen, mussten wir zwei ganze Tage reisen. Die Leute in der Somali Region sind grösstenteils abgeschnitten von Gesundheitsinfrastruktur, Schulausbildung oder generellen Basisdienstleistungen, die für uns hier in der Schweiz selbstverständlich sind. Dies zeigt auch die dringende Notwendigkeit unseres Projektes auf.
Ein Highlight waren für mich definitiv die Besuche in den Spitälern, mit welchen wir zusammenarbeiten, Attat und St. Luke. Diese Spitäler haben riesige Einzugsgebiete und werden dementsprechend tagtäglich von Menschen die medizinische Hilfe brauchen überrannt. Die Arbeit, welcher dort jeden Tag mit geringen finanziellen Mitteln bewältigt wird, ist wirklich sehr eindrücklich.

Seit einiger Zeit betreibt Women’s Hope International ja auch ein Lokalbüro in Äthiopien. Du warst oft mit Mabruka, der Landesdirektorin des Büros in Äthiopien, unterwegs. Wie hast du das erlebt?
Mabruka bringt genau das mit, was wir in einer Landesdirektorin suchen. Sie ist Äthiopierin aus der Somali Region, hat aber einen Grossteil ihres Lebens in Amerika verbracht. Aufgrund ihrer Erfahrung kann sie wichtige kulturelle und sprachliche Vermittlungsarbeit leisten. Der Austausch mit Mabruka war für mich sehr konstruktiv. Oft hatten wir am Ende des Tages ein gemeinsames Debriefing und diskutierten über das Erlebte. Dabei ging es beispielsweise um Interaktionen mit Leuten, die wir tagsüber getroffenen hatten, Bemerkungen des Fahrers zu Religion und Gender oder um die äthiopische Kultur im Allgemeinen.

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Mitarbeiter unserer Partnerorganisation OWDA (Organization for Welfare and Development in Action), Valentina Maggiulli und Mabruka Abdismad (von links nach rechts).

Fakten über Äthiopien

Hauptstadt: Addis Abeba
Einwohner*innen: 104,96 Millionen
Lebenserwartung bei der Geburt: 65,5 Jahre
Ärzte: 2,2 pro 100'000 Personen
Kindersterblichkeit:
41 pro 1'000 Lebendgeburten
Müttersterblichkeit
353 pro 100'000 Lebendgeburten

Quelle: The World Bank Data

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Somali Region in Äthiopien

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