Eine neue Studie zeigt auf: Die globale Erwärmung wird Milliarden von Menschen aus der "menschlichen Klima-Nische" vertreiben. Je nach Szenario der Erwärmung können die Folgen aber erheblich minimiert werden.

Ein Forschungsteam rund um den britischen Wissenschaftler Prof. Tim M. Lenton hat die klimatischen Bedingungen identifiziert, unter denen menschliche Gesellschaften gedeihen. Demnach leben die meisten Menschen an Orten mit einer durchschnittlichen Jahrestemperatur zwischen 13 und 27 Grad Celsius. Bedingungen, die ausserhalb dieses Bereichs liegen, sind zu heiss, zu kalt oder zu trocken. Die Folgen sind etwa höhere Sterberaten, ungünstige Schwangerschaftsverläufe, verringerte Ernteerträge oder verstärkte Konflikte.

Mi der Betrachtung der sogenannten "menschlichen Klima-Nische" gehen die Forschenden neue Wege. Die Kosten des Klimawandels würden nämlich häufig in Geldwerten geschätzt, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Studie, die im vergangenen Mai in der Fachzeitschrift " Nature Sustainability" veröffentlicht wurde. Dieses Vorgehen werfe jedoch ethische Fragen auf, da so Menschen und Gesellschaften, die finanziell mehr zu verlieren haben, stärker gewichtet würden.

"In unserer Studie betrachten wir alle Menschen als gleichwertig. Wir heben so die beispiellosen menschlichen Kosten hervor, die entstehen, wenn die Klimakatastrophe nicht angegangen wird." Wissenschaftler Prof. Tim M. Lenton

Die Studie zeigt die enorme Ungleichheit des Klimanotstandes auf, wobei Menschen mit geringem Emissionsausstoss die Folgen am stärksten zu spüren bekämen.

Bereits heute hat der Klimawandel mehr als 600 Millionen Menschen aus der für sie klimatisch günstigen Nische verdrängt. Wenn die Welt weiter auf einen globalen Temperaturanstieg von 2,7 Grad Celsius zusteuert - und danach sieht es gemäss Studie mit der derzeitigen Politik aus -, wird die Erwärmung in Verbindung mit einer wachsenden Weltbevölkerung dazu führen, dass bis 2030 bereits 2 und bis 2090 sogar 3,7 Milliarden Menschen ausserhalb der Nische leben oder aber umsiedeln müssen. In einem Worst-Case-Szenario würde fast die Hälfte der Weltbevölkerung aus der Klima-Nische verdrängt werden. Doch es besteht auch Hoffnung, so die Forschenden: Eine "ledigliche" Erderwärmung um 1,5 Grad würde die Zahl der Menschen, die aus der Klima-Nische verdrängt werden, um 80 Prozent reduzieren.



Titelbild: Kinder holen Wasser von einer öffentlichen Wasserstelle in Hougouné, Tschad; Foto: Salomon Djekorgee Dainyoo/WHI/Fairpicture

Klimawandel trifft vorwiegend Mädchen und Frauen

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Der Klimawandel ist nicht geschlechtsneutral. Er betrifft Mädchen und Frauen besonders.

Schwangere Frauen besonders betroffen vom Klimawandel

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Die Dürrekrise am Horn von Afrika zeigt: Schwangere Frauen, stillende Mütter und ihre Babys haben unter dem Klimawandel besonders zu leiden. Women's Hope versucht Betroffene möglichst gut zu unterstützen.

«Der Klimawandel ist nicht nur eine ökologische Krise, vielmehr wirft er grundsätzliche Fragen nach Gerechtigkeit, Wohlstand und Gleichstellung der Geschlechter auf. Neue Erkenntnisse zeigen, dass die negativen Auswirkungen des Klimawandels weltweit alle Arten von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen verschlimmern.»

Reem Alsalem, UN-Sonderberichtserstatterin für Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Reem Alsalem